Jecke und Bunte Kirche
Simmerner Narren feirten "zum Vergnügen" Gottesdienst in der Kirche St. Josef
Simmern Kirche und Karneval gehören schon seit alten Zeiten untrennbar zusammen. Man bemerkt es an vielen Karnevalsliedern wie zum Beispiel "Mer lose de Dom in Kölle" oder der Gassenhauer aus der Mainzer Fastnacht "im Schatten des Doms" Und was für die Kölner und Mainzer ihr Dom ist, in der sie in der Karnevalssession auch närrische Gottesdienste feiern, hat seinen Pendant im Hunsrück in der altehrwürdigen Kirche St. Josef in Simmern. Unter dem Motto: "wir sind zum Vergnügen" hier lud die Pfarrei Simmern-Rheinböllen St. Lydia in Kooperation mit dem Karnevalsverein Simmern (KVS) zum Fastnachtsgottesdienst ein.
Und so folgten viele Gottesdienstbesucher, auch bunt kostümiert, dieser Einladung. Musikalisch begleitet wurde die Fastnachtsmesse durch den Singkreis Simmern unter der Leitung von Rolf-Josef-Zehe. Der gebürtige Koblenzer freute sich über das vollbesetzte, bunte Gotteshaus: "Heute ist vieles anders! Wem danach ist, bei den Liedern zu schunkeln, der soll es auch machen und alle sollen kräftig mitsingen. Falsch zu singen ist heute auch erlaubt", ermunterte Zehe zum Mitmachen.
Nach dem feierlichen Einzug mit den Messdienern begrüßte Pfarrer Lutz Schultz die Gläubigen mit einem dreifachen Helau: "Endlich ist die Kirche wieder bunt. Nach zwei Jahren Corona-Pause können wir endlich wieder Fastnacht feiern." Nachdenkliche Worte fand er zu Beginn in seiner Begrüßung: "Wir leben in einer schwierigen Zeit! Eigentlich ist uns das Lachen ja vergangen, denken wir an den Krieg in der Ukraine oder das schwere Erdbeben in der Türkei und in Syrien. Aber wir dürfen trotzdem lachen, denn wen wir lachen ist es ein Zeichen der Hoffnung."
Im Verlaufe des Gottesdienstes wurden auch zwei Texte aus der Bibel vorgetragen, nämlich zum einen der Bericht des Garten Edens, dem Paradies, sowie aus dem Matthäus-Evangelium, worin es unter anderem auch heißt, dass man sich keine Sorgen machen muss, welche Kleider man anziehen soll. Beide Texte wurden dann humorvoll in Reimform in der Predigt von Pfarrer Lutz Schultz interpretiert. So bemerkte er, dass wenn die Vögel in der Löwenmähne nisten oder die Hyäne die beim grasenden Zebra steht, die Tiere im Paradies wohl ziemlich vegan sich ernährt haben. Und Adam lebte zunächst ohne Frau - soll das etwa das Paradies sein? Natürlich stellen sich manche Männer so das Paradies vor, ohne Frau, stellte Schultz fest. Und als dann Eva erschaffen wurde, konfrontierte sie Adam mit vielen Wünschen. Beide waren ja nackt und so stellte Eva das Problem vieler Frauen fest; "Adam, ich habe nichts anzuziehen." Auch kirchenkritisches gab er zu Protokoll: "Was tragen Katholiken?" Und gab auch gleich die Antwort: "Putschgedanken" Schultz bezog sich vor allem auf den mangelnden Reformwillen von Kardinal Woelki, der viele mit seinem festhalten an alten Positionen aus der Kirche treibt.
Spiritueller Höhepunkt einer jeden katholischen Messe ist die Feier der Eucharistie (Abendmahl). Die wurde natürlich auch gefeiert, aber es gab dann einen weiteren Höhepunkt, nämlich den Auftritt der Show-Tangruppe des Karnevalsverein Simmern unter der Leitung von Maria Ziegemann. Unter den Marschklängen der Orgel, intoniert von Bernd Loch, zogen sie durch den Mittelgang ein und machten den Chorraum vor dem Altar zu ihrer Bühne. Mit flotten Klängen und manch waghalsigen Hebefiguren begeisterten sie die Gottesdienstbesucher und erhielten zum Dank einen lang anhaltenden Applaus der Gläubigen. Auch Pastor Lutz Schultz war von der Tanzdarbietung sehr angetan: "Hier ist der Beweis, dass unser Herr Gott mit der Erschaffung der Eva, das nicht schlecht gemacht hat. Mit eurer Darbietung habt ihr auch dazu beigetragen Gott zu ehren", stellte Schultz fest.
Weiterhin bedankte er sich bei allen die zu diesem gelungenen Gottesdienst beigetragen haben, unter anderem auch bei der Küsterin Carmen Bongard, die St. Josef karnevalistisch dekoriert hat und dem Singkreis Simmern. Dieser trug noch mit "Wir kommen alle in den Himmel" und "Die Hände zum Himmel, drum lasst uns fröhlich sein" Stimmungslieder vor.
Zum Schluss dieses außergewöhnlichen Gottesdienstes intonierte der Singkreis dann noch "Im Veedel" von den Black Föss. Dieses Lied handelt von der Liebe der Bewohner der Stadt Köln zu ihrem Wohnort. Trotz aller Veränderungen bleiben sie dort wohnen. Rolf-Josef Zehe erläuterte hierzu: "In der katholischen Kirche ist vieles im Umbruch, wir wissen noch nicht wo es hingehen wird, genau wie bei den Bewohnern im Veedel in Köln. Wir lieben auch unsere Kirche, deshalb bleiben wir."
Bleibt zu hoffen, dass Humor, Lebensfreude und die Bereitschaft, auch mit außerkirchlichen Gruppen Angebote zu entwickeln, weiterhin in der neuen Pfarrei Simmern-Rheinböllen St. Lydia gelebt wird und nicht an Aschermittwoch schon wieder alles vorbei ist.