Mutterschied: Maria Magdalena gehört zweifelsohne zu den bedeutendsten und gleichzeitig umstrittensten Frauen des Christentums. Wie kaum eine andere biblische Frau regte sie die Fantasie der Menschen an. Von der Darstellung als Sünderin und Prostituierte, oder als Geliebte Jesu in Verfilmungen oder in der Popkultur bis hin zu der Verehrung als Jüngerin Jesu und als Apostelin der Apostel ist das Wirken der Maria Magdalena schon vielseitig interpretiert worden. Doch wer war Sie wirklich? Diese Frage war Thema einer spirituellen Stationenwanderung der Pfarrei Simmern-Rheinböllen St. Lydia von Mutterschied nach Rayerschied.

Start und Ende waren bewusst gewählt und liegen in der Historie beider Dörfer. Die bestehende Kapelle in Mutterschied, die im Jahre 1758 erbaut wurde, ist der Heiligen Maria Magdalena geweiht und die Vorgängerkirche von St. Johannes Nepomuk in Rayerschied war ebenfalls eine Magdalenenkirche. So fanden sich rund 40 Teilnehmer in der Mutterschieder Kapelle ein, wo sie von Andrea Sehn-Henn aus Benzweiler begrüßte wurde. Hier wurde auch das traditionelle Magdalenalied gesungen: „Eigentlich hat das Lied sieben Strophen, jedoch singen wir mittlerweile einige Strophen nicht mehr, da viele Inhalte durch die Forschung widerlegt wurden“, so Frank Klemm der in Mutterschied die Lieder an der Orgel musikalisch begleitete. Der gebürtige Mutterschieder lebt seit vielen Jahren in Spabrücken und ist in der dortigen Pfarrei sehr aktiv. Zu Gottesdiensten kommt er aber immer noch gerne in sein Heimatdorf um hier als Organist zu fungieren: „Ich habe mich sehr über die Idee dieser spirituellen Wanderung sehr gefreut und daher war es für mich eine Selbstverständlichkeit nach Mutterschied zu kommen um an der Veranstaltung teilzunehmen“, so Frank Klemm.

Weiter ging es nach Altweidelbach zur alten Linde an der evangelischen Kirche. Ulrike Nerkamp gab hier einen Überblick über die zahlreichen Geschichten die sich über Maria Magdalena rankten, die aber reine Fiktion sind. Im Laufe der Zeit wurden verschiedene Figuren in Maria Magdalena hineininterpretiert, so unter anderem als Prostituierte oder auch als Ehebrecherin. Auch an der zweiten Station wurde gesungen und gebetet, ehe die Wandergruppe zur dritten Station an einen Weiher im Pleizenhausener Tal aufbrach.

Der Weiher war bewusst als Symbol gewählt, denn er steht für den See Genezareth, der Ort an dem das Wirken von Jesu Christi begann und er auch Maria Magdalena begegnete. In seiner Ansprache an dieser Station erzählte Markus Koch aus Rayerschied, wer die Heilige wirklich war. Maria Magdalena ist kein Doppelname. Da aber Maria ein sehr geläufiger Name damals war, fügte man die Herkunft des Ortes hinzu nämlich Magdala aus der später Maria Magdalena wurde. Sie war unverheiratet. Der Ort Magdala am See Genezareth war durch das Salzen von Fischen ein reicher Ort und man kann davon ausgehen, dass Maria Magdalena ebenfalls sehr vermögend war. Die Bibel berichtet davon, dass sie neben anderen Frauen für den Unterhalt der Gruppe um Jesus Christus sorgte. In der Bibel wird berichtet, dass Jesus Maria Magdalena von sieben Dämonen befreit hat, dass heißt sie war vermutlich schwer erkrankt. In ihrer Treue begleitete sie Jesus bis zum Tod am Kreuz, weil sie erkannte, dass Jesus Christus die gängigen Konventionen durchbrach, er machte keinen Unterschied zwischen Männer und Frauen, ob Jude oder Ausländer. Dieser Umgang gab ihr Hoffnung und eine Perspektive für ihr Leben: „Sie folgte Jesus nach! Jünger sein heißt nachfolgen, so können wir Maria Magdalena als Jüngerin Jesu bezeichnen“, so Markus Koch in seiner Ansprache. Inzwischen hat das auch die katholische Kirche erkannt, den 2016 erklärte Papst Franziskus Maria Magdalena zur Apostelin der Apostel, einen Ehrentitel den sie in der ostkirchlichen Tradition schon länger trägt.

Weiter ging es zur Vierten Station in der Rayerschieder Kirche. Dort stand das Evangelium der Begegnung Maria Magdalenas mit dem auferstanden Jesus Christus am Ostermorgen im Mittelpunkt. Pastor Thomas Schneider hier eine Andacht, die musikalisch von der Musikgruppe Impulse aus Argenthal begleitet wurde.

Traditionell, wie in Rayerschied üblich lud das lokale Team zu einem kleinen Imbiss in der Kirche ein. Passend zum Thema servierte man hierzu selbstgebackene Madeleines, ein französisches Feingebäck und eine Magdalenensuppe: „Manche die unsere Veranstaltungen zum ersten Mal besuchen, sind überrascht und fragen sich ob man in einer Kirche essen oder trinken darf, aber für uns ist es wichtig Begegnungsmöglichkeiten zu schaffen und miteinander ins Gespräch zu kommen“, so Andrea Sehn-Henn vom Veranstaltungsteam.

Gefallen hat dieses Format einer spirituellen Wanderung auch dem neuen Kooperator Pater Varun, der erst wenige Wochen in der Pfarrei St. Lydia im Einsatz ist: „Ich konnte mir erst nicht viel über das Format einer spirituellen Wanderung vorstellen. Aber ich bin froh dabei gewesen zu sein, es hat mir gut gefallen. Und ich komme mit den Menschen in Kontakt und lerne sie kennen“, so der Geistliche aus Indien.

Mehr zu den Angeboten der Pfarrei Simmern-Rheinböllen St. Lydia gibt es auf der Homepage der Pfarrei unter www.st-lydia.de